Trageerschöpfung, HBF-Methode und der Weg aus der Krise

Die Trageerschöpfung oder Trageschwäche, was ist das, wie entsteht sie und wie kommt das Pferd da wieder heraus?

Was bedeutet der Begriff Trageerschöpfung konkret?

Wie der Name bereits erahnen lässt, handelt es sich dabei um eine Erschöpfung der Tragkraft des Pferdekörpers z. B. durch eine Zeit des Tragens eines nicht so guten Reiters (verritten), durch lange Stehphasen z.B. nach Unfällen, durch mehrere Trächtigkeiten, in Rente schicken etc…

Die Trageerschöpfung und ihre zahlreichen Auswirkungen sind stets auf eine Unterfunktion der Stabilisationsmuskulatur zurück zu führen. Die Trageerschöpfung ist die häufigste Ursache der meisten Fehl- und Unterfunktionen bei Reitpferden, welche unbehandelt zu Erkrankungen und Überlastungsschäden führen kann.

Wenn die Rückenlinie oder Oberlinie sich negativ verändert indem sie absinkt, dann verliert das Pferd die Tragkraft und kapituliert quasi schon vor dem eigenen Gewicht. Ein sogenannter „Senkrücken“ entsteht. Diese Pferde leiden unter starken Muskelverspannungen und damit auch zum Teil unter starken Schmerzen.

Die hohe Spannung in der Muskulatur kann so stark werden, dass es unter anderem auch zu neurologischen Ausfällen kommen kann. Das heißt, dass die Verkrampfung im Muskel so stark ist, dass Nervenreizleitungen unterbrochen werden.

Woran erkenne ich eine Trageerschöpfung?

Hier eine kleine etwas übertriebene Zeichnung:

Der Axthieb entsteht durch das Absacken des Brustbeins und dieses zieht über die nur muskulär aufgehangenen tiefen Strukturen die Wirbelsäule nach unten. Der Muskelabbau im Bereich des Widerristes entsteht oft durch zu enge Sättel oder auch den falschen Sitz des Reiters, desweiteren auch durch den weggedrückten Rücken baut die Hals- und Rückenmuskulatur im Widerristbereich ab, es bilden sich Kuhlen im vorderen Sattelbereich hinter den Schulterblättern, der Widerrist steht stark hervor.

Das Pferd hustet zu Beginn der Trainingseinheit. Drückt das Pferd den Rücken nach unten durch, wird der Brustkorb und das Brustbein in seiner Lage verändert. Die vordere Spitze des Brustbeins wird leicht angehoben und das hintere Ende senkt sich ab. Dadurch kommt vermehrt Spannung auf die untere Halslinie, den Atemmuskel, die Lunge und das Herz. Durch die Bewegung lösen diese verspannten Strukturen dann einen Hustenreiz aus.

Das Pferd ist bauchig, es hat einen dicken Bauch, aber keine Fetteinlagerungen. Wenn der Rücken durchhängt, öffnen sich die hinteren Rippen, die nicht mit dem Brustbein verbunden sind. Durch das Gewicht der Bauchorgane wölbt sich jetzt der Bauch hervor. Die Bauchorgane werden durch die Bauchdecke und die Bauchmuskeln getragen, sind aber auch über Bindegewebe mit der Wirbelsäule verbunden.

Anzeichen eines Karpfenrückens. Der Karpfenrücken ist eine Aufwölbung im hinteren Rücken- bzw. im Lendenbereich. Das trageerschöpfte Pferd versucht über die Lenden- und Rückenmuskulatur den Brustkorb anzuheben und das Reitergewicht zu tragen.

Das Pferd steht V-förmig. Die Vorhand steht rückständig und die Hinterhand ist untergeschoben, das passiert, wenn das Pferd den Rücken hängen lässt, weil die Tragkraft erschöpft ist. Die Standfläche wird verkleinert. In dieser Stellung werden die Beugesehnen überdehnt und es entsteht stärkerer Zug auf die Hufrolle. Viele Pferde werden durchtrittig. Langfristig kommt es dadurch zu Schäden an den Beugesehnen, dem Fesseltrageapparat und der Hufrolle.

Die Trachten der Vorhand sind untergeschoben und die Zehe ist zu lang – durch die rückständige Stellung wird das Fesselgelenk vermehrt gebeugt. Diese Fehlstellung gleicht das Pferd am Ende der Gliedmaßenkette durch untergeschobene Trachten aus.

Ursachen für eine Trageerschöpfung

  • Über eine längere Zeit schlechtes Reiten, Fehler beim Anreiten, der Reiter ist zu schwer
  • Der Sattel passt nicht oder nicht mehr. Der Pferderücken verändert sich auch zu Zu- und Abnahme der Muskulatur.
  • Das Pferd hat Blockaden im Übergang Lendenwirbelsäule/Kreuzbein und/oder Brust-/Lendenwirbelsäule und drückt dadurch den Rücken weg
  • Das Pferd hat Blockaden im Kreuzdarmbeingelenk
  • Das Pferd hat Schulterprobleme
  • Trächtigkeit, durch das Fohlengewicht hängt der Rücken durch
  • Schlechte Hufstellung, angeboren oder z.B. durch falsche Hufbearbeitung
  • Die Bauch- und Stabilisationsmuskulatur wurde nicht genug vorbereitet für das Reitergewicht
  • Haltung/Fütterung: Das Pferd frisst aus einem zu hohen Trog und/oder hoch hängendem Heunetz. Besser ist das Fressen vom Boden

Häufig unerkannte Symptome einer Trageerschöpfung

Auch diese Anzeichen deuten auf eine Trageerschöpfung hin:

  • Das Pferd ist triebig und zeigt so gar keinen Vorwärtsdrang, es lässt sich hinterher ziehen. Jeder Schritt bereitet Unbehagen.
  • Das Pferd ist unwillig beim Satteln, wenn der Reiter mit dem Sattel kommt, zickt das Pferd herum. Es erwartet erneut Schmerzen durch einen unpassenden Sattel und das Reitergewicht. Auch das Gurten bereitet Unbehagen. Zum Verständnis: Die Vordergliedmaßen des Pferdes sind nur durch die Schultergürtelmuskulatur mit dem Rumpf verbunden. Der Brustkorb hängt in einer Muskelschlinge, zu der auch die Brustmuskeln gehören. Ein abgesenkter Brustkorb führt zu vermehrter Spannung auf diese Strukturen. Sind die Brustmuskeln verspannt, können die Rumpfheber nicht mehr arbeiten
  • Die Muskulatur des Unterhalses ist stärker ausgeprägt als die des Oberhalses, durch den abgesackten Rücken wird der Brustkorb nach vorne unten gedrückt und das Pferd hebt automatisch Hals und Kopf an. Durch diese Fehlhaltung bildet sich ein kräftiger Unterhals und die Oberhalsmuskulatur baut ab.
    Vor dem Widerrist ist der sogenannte Axthieb zu sehen – Eine Folge des kräftigen Unterhalses und der Fehlhaltung. Es sieht so aus, als hätte man mit der Axt einen Keil aus dem Hals vor dem Widerrist geschlagen.

Da Pferde Flucht- und Beutetiere sind, sichern sie ihr Überleben durch die Flucht. Sind Muskeln verspannt oder Gelenke blockiert, übernehmen andere Muskelgruppen die Aufgabe der Fortbewegung. So können sie viele Probleme auch über lange Zeit ausgleichen und sich trotzdem noch fortbewegen. Es wird erst zum Problem, wenn das Reitergewicht dazukommt.

Die Horse Bodyforming Methode oder der Weg aus der Krise

Die Pferde kompensieren Bewegungseinschränkungen, Verspanungszustände und Blockaden, indem sich überbeanspruchte fasziale Strukturen verstärken – schon sehr lange bevor es zu ernsthaften, offensichtlichen Problemen kommt. Diese Verstärkungen gehen aber mit Bewegungseinschränkungen einher.

Die HORSE bodyforming Methode zielt darauf ab, Probleme so früh wie möglich zu erkennen und diesen aktiv entgegen zu steuern. So ist es möglich, Pferde unmittelbar aus einer Trageschwäche zu führen. Doch selbst bei sehr vielen als „austherapiert“ geltenden Pferden bzw. bei Pferden, die sich bereits in einer masiven Tragerschöpfung befinden, kann eine große Verbesserung bei Lebensqualität und Vitalität erreicht werden.

Wenn es dem Pferd gelingt, den Rumpf zwischen den Schulterblättern schmerzfrei zu heben und in der Bewegung in dieser physiologischen Position zu halten, ist die erste große Voraussetzung geschaffen, um Pferde erfolgreich aus einer Trageerschöpfung zu führen. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von ehrlicher Aufrichtung.

Die Begriffe relative und absolute Aufrichtung sind in der Dressur klar definiert und es braucht hier noch eine weitere Beschreibung, die den Effekt erklärt, den wir im HORSE bodyforming wünschen und auch erreichen. Unter ehrlicher Aufrichtung verstehen wir zum einen das Aufrichten des Rumpfes zwischen den Schulterblättern und zum anderen das dauerhafte Heben und das freie Nach-Oben-Schwingen der Brustwirbelsäule in der Bewegung mit oder ohne Reiter/in.

Dieser Prozess bedarf einer kontinuierlichen, fachgerechten Arbeit über einen Zeitraum von mehreren Monaten. In schweren Fällen kann dieser Prozess auch länger als ein Jahr andauern. In diesem Entwicklungsprozess sind Instruktoren gefragt und gefordert, die den engagierten Pferdebesitzer dabei unterstützen.

Ein wesentlicher Grundpfeiler dieser Arbeit ist das Führen über die Sinne!

Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.horse-bodyforming.com

Beispiel nach 3,5 Monaten HORSE bodyforming:

Bild oben ist vom 19.09.22

und das untere ist vom 13.10.22